Interview zum Internationalen Tag gegen Rassismus
Am 21. März wird jährlich der Internationale Tag gegen Rassismus begangen: Ein Tag, der an die Opfer rassistischer Diskriminierung erinnert und dazu aufruft, aktiv gegen Ungleichheit und Vorurteile vorzugehen.
Auch im Haus der Barmherzigkeit gibt es seit dem 1. Jänner 2025 mit Jasmin Abdelsamad die neu geschaffene Funktion der Diversitäts- und Inklusionsmanagerin, die strukturell verankert ist und sich gezielt um Antidiskriminierung, Chancengerechtigkeit und die Umsetzung des Positionspapiers Diversität kümmert.
Darüber hinaus wurde am 1. Juli 2024 die Vertrauensstelle "Diversität & Antidiskriminierung HABIT", besetzt von Katharina Schöll, eingerichtet, an die sich Mitarbeitende vertraulich wenden können. Beide Instanzen bieten Beratung und Handlungsleitfäden. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus dürfen wir aufzeigen, welche das Thema aufgreifenden Initiativen und Projekte im Haus der Barmherzigkeit bereits umgesetzt werden. Hierfür haben wir Jasmin Abdelsamad um ihre Expertise gebeten.

Welche Maßnahmen hat das Haus der Barmherzigkeit ergriffen, um Diskriminierung innerhalb der Organisation zu bekämpfen?
Jasmin Abdelsamad: Meine Funktion ist dafür ausgerichtet, Strategien zu entwickeln, sodass wir Vielfalt als Stärke nutzen können. Außerdem biete ich Schulungen und Sensibilisierungen an, die allen Sicherheit im Umgang mit Diversität geben und dabei helfen, Vorurteile abzubauen. Gemeinsam mit der Geschäftsführung schaffe ich Rahmenbedingungen, die ein sicheres Arbeitsumfeld ermöglichen. Vielfalt wird so nicht zur Hürde, sondern zu einer Stärke, die uns als Team und als Organisation voranbringt. So können Rassismus und andere Formen von Diskriminierung frühzeitig erkannt und ihnen aktiv entgegengewirkt werden.
Wie werden Mitarbeitende für das Thema Rassismus sensibilisiert und wie wird ein inklusives Umfeld gefördert?
Jasmin Abdelsamad: Das Haus der Barmherzigkeit verfolgt eine offene Lern- und Fehlerkultur: Diversitätsspezifische Anliegen werden direkt an mich, als Diversitäts- und Inklusionsmanagerin herangetragen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Hier stelle ich unter anderem diverse Lösungsstrategien bereit – stets mit einem offenen Ohr auf Augenhöhe. Zudem führe ich Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende im direkten Bewohner*innen- und Kund*innen-Kontakt durch, um die direkte Versorgung sowie die Zusammenarbeit im Team und mit Bewohner*innen oder Kund*innen weiter zu optimieren. Diese finden für alle Berufsgruppen statt – von Pflege, Medizin, Therapie oder Betreuung über Verwaltung und Technik bis hin zur Reinigung oder Küche. Die Angebote stärken das Bewusstsein für unterschiedliche Lebenswelten, reduzieren Vorurteile und fördern ein respektvolles Miteinander. Ein inklusives Umfeld wird außerdem durch Richtlinien und Leitfäden unterstützt, die Orientierung im Alltag bieten und Benachteiligungen gezielt entgegenwirken.

Welche erfolgreichen Projekte oder Initiativen wurden im HB im Bereich Diversität und Inklusion bereits umgesetzt oder folgen?
Jasmin Abdelsamad: Im Positionspapier Diversität werden zentrale Ziele und Handlungsfelder definiert, die den Rahmen für eine diversitätssensible Organisationsentwicklung bilden. Das Haus der Barmherzigkeit ist außerdem als familienfreundliche Organisation zertifiziert. Es bietet u. a. Karenzmanagement, Wiedereinstiegsprogramme, Ferienbetreuung für Kinder und flexible Arbeitszeitmodelle. Durch das Übergangsmanagement können Mitarbeitende, die in den Ruhestand gehen, weiter eingebunden werden und ihre Expertise einbringen. So bleiben wertvolles Wissen und Kompetenzen erhalten. Katharina Schöll (HABIT) und ich (PEW/PH/HABIT/HEIG/SANA) sind als Ansprechpersonen stets mit einem offenen Ohr da. Nächste Schritte sind bereits in Planung:
- Ausbau der Sensibilisierungsangebote, verstärkte interne Kommunikation zu Diversitätsthemen und Implementierung weiterer Schulungsmodule für Führungskräfte
- Qualitätsmanagement: Sichere Räume und Lösungsstrategien zur Fehlerbehebung erweitern
- Schaffung von Reflexions- und Erfahrungsräumen für Mitarbeitende, Bewohner*innen und Kund*innen
- Förderung von Diversitätskompetenz durch Bildungsmaßnahmen

Wie geht das HB mit Herausforderungen um, die im Zusammenhang mit unterschiedlichen Hintergründen der Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen auftreten können?
Jasmin Abdelsamad: Das Haus der Barmherzigkeit setzt auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Diversitäts- und Inklusionsmanagerin, den Führungskräften und den jeweiligen Teams. Bei konkreten Fragestellungen oder Konflikten werden gemeinsam Lösungen erarbeitet – stets mit dem Ziel, kulturelle Unterschiede wertschätzend einzubinden und Kommunikationsbarrieren zu überwinden. Darüber hinaus bieten Katharina Schöll und ich Unterstützung bei sensiblen Themen, sodass Konflikte früh erkannt und konstruktiv gelöst werden können.
Ich verwende gerne den Begriff der (Migrations-)Biografien, wenn über die vielfältigen Hintergründe von Bewohner*innen, Klient*innen oder Mitarbeitenden gesprochen wird. Diese Formulierung rückt den Menschen und seine individuellen Lebensgeschichte in den Mittelpunkt, anstatt nur vermeintliche Unterschiede zu betonen. Wir ermutigen alle, diesen Begriff zu verwenden, da er verdeutlicht, dass die täglichen Erfahrungen – sei es am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit – maßgeblich von der persönlichen Biografie geprägt sind. Wenn wir uns bewusst machen, dass nicht jede Person die gleichen Erfahrungen und Möglichkeiten hat, leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Selbstreflexion, einem zentralen Element der Diversitätskompetenz.

Welche Rolle spielt der Internationale Tag gegen Rassismus für Gesundheitsberufe?
Jasmin Abdelsamad: Der Internationale Tag gegen Rassismus ist ein bedeutender Anlass, um im Gesundheits- und Sozialwesen Diskriminierungsformen sichtbar zu machen und aktiv gegen sie vorzugehen. In einem Sektor, der von hoher Stressresistenz und intensiver Teamarbeit geprägt ist, ist es unerlässlich, vermeidbare Stressfaktoren – wie diskriminierende und rassistische Strukturen mit gravierenden Auswirkungen – zu minimieren, um das Wohlbefinden unserer Mitarbeitenden und die Versorgungsqualität nachhaltig zu sichern.
Besonders in einem Bereich, in dem der Großteil der Beschäftigten Frauen sind (Pilwarsch et al., 2024), spielt das Thema Care-Arbeit eine zentrale Rolle. Die Doppelbelastung durch berufliche und private Pflegeaufgaben wirkt sich erheblich auf die Arbeitszufriedenheit und die Karriereentwicklung aus. Indem wir aktiv Maßnahmen ergreifen, fördern wir ein inklusives Arbeitsumfeld und unterstützen gleichzeitig die berufliche Weiterentwicklung unserer weiblichen Fachkräfte. Wer mehr über diese Herausforderungen und Chancen erfahren möchte, ist herzlich eingeladen, die kommende Ausgabe von Pro Care zu lesen – dort habe ich einen Artikel mit dem Titel "Who Cares? Pflegepersonen in der Rolle als Double Duty Caregiver" veröffentlicht.
Danke für diese spannenden Einblicke und das großartige Engagement im und für das HB!